Ringbandverletzungen

Ringbandverletzungen



Einleitung


Eine traumatische Verletzung des Ringbandsystems ist nie auf die leichte Schulter zu nehmen. Und auch wenn der größte Teil dieser Verletzungen konservativ behandelt wird gilt es das Verletzungsausmaß im besten Fall von ärztlicher Seite abklären zu lassen. Damit der Kletternde sich absichern kann das er bei dem Arzt seiner Wahl in guten Händen ist werde ich ihm im Folgenden den derzeitigen Goldstandart der Diagnosefindung mitgeben.


Ringbandverletzungen passieren mit seltener Ausnahme nur in der halb oder voll aufgestellten Fingerposition. Das heißt, das Mittelgelenk des Fingers ist 80-90° gebeugt, und das Endgelenk leicht bis mäßig überstreckt.

Grund dafür das es zur Verletzung kommt ist das sich in dieser Position der Hebelarm und das Beugedrehmoment (der Abstand von Beugesehne zum Knochen) erhöht, bei 80-90° Beugung im Mittelgelenk seinen Höhepunkt erreicht, und sich dadurch auch die Kraft die auf die Ringbänder wirkt auf das 3-fache steigen kann, ausgehend von der Kraft die auf die Fingerspitze wirkt. Wird also ein aufgestellter Finger (80-90° im PIP) mit 20Kg belastet so wirken auf die Sehnenscheide und Ringbänder in der Nähe des Gelenks bis zu 60Kg.

In hängender Position ist der Hebel normalerweise nicht groß genug das eine Schädigung am Ringband entstehen könnte. Traumata die in dieser Position passieren betreffen meist eher das System der Beugesehne.

Das das Trauma in aufgestellter Position stattfindet ist das wichtigste Zeichen für eine Ringbandverletzung.


Der Verletzungshergang


In der Regel entsteht die Verletzung eines oder mehrerer Ringbänder durch eine kurzzeitig erhöhte Belastung, über die Belastungsgrenze der Ringbänder hinaus, die das Band normalerweise aufnehmen kann. Z. B. das während sich die Hand in aufgestellter Position befindet ein Fuß vom Tritt abrutscht. In einem solchen Moment lastet schlagartig ein größerer Teil des Körpergewichts auf den Fingern, gerade wenn versucht wird bewusst oder reflexartig fester zuzugreifen um nicht abzufallen. Auch beim Anspringen/Anschnappen oder Durchblockieren eines Griffs in aufgestellter Position kann es zu einer Verletzung des Ringbandsystems kommen. Das Klettern im ermüdeten Zustand, in dem die Konzentration und Technik nachlässt und die Züge unsauber werden, sowie das ständige Wiederholen von schweren Einzelzügen ohne Pause begünstigen zusätzlich die Verletzungsanfälligkeit der Ringbänder. Bei einem Riss oder Teilriss kann der Kletternde aber auch die umstehenden Leute eventuell ein Schnalzen oder Knacken vernehmen.


Symptome


Es kommt in der Regel zu sofort einschießendem Schmerz wegen dem das Klettern abgebrochen werden muss. Wenn im folgenden ein Ruheschmerz besteht, also ein Schmerz der auch ohne Bewegung und Belastung vorhanden ist, ist dies ein Zeichen dafür das Gewebe kaputt gegangen ist und der Körper mit einer physiologischen Entzündung reagiert. Diese geht meist mit einer Schwellung einher die den betroffenen Finger im Seitenvergleich dicker erscheinen lässt. Sollte ein Hämatom, also eine Einblutung, zu sehnen sein ist klar, das Gewebe und somit auch Blutgefäße verletzt wurden. Bei einer Zerrung beispielsweise ist nicht unbedingt ein Ruheschmerz vorhanden wenn der Schaden zu klein ist. Dann wird jedoch meist ein Belastungsabhängiger Schmerz in der aufgestellten Fingerposition gespürt oder auch ein Druckschmerz durch einen Untersuchenden oder durch unregelmäßige Griffe.

(Abb. Palpation Ringband)

Auch das Opponieren also das drücken mit dem Daumen gegen die Fingerspitze des betroffenen Fingers (aufgestellte Position) kann schmerzhaft sein (Abb. Aufstellen gegen den Opponierten Daumen).

Die Streckung des Fingermittelgelenks ist bei multipler Ringbandruptur in der Regel um 10-25° reduziert. Ein deutliches Anzeichen dafür in naher Zukunft einen Facharzt aufzusuchen. Auch bei einzelnen Rupturen kann es zu einer leichten Bewegungseinschränkung in umliegenden Gelenken kommen.

Das bei Rupturen vorkommende Abheben der Beugesehne vom Knochen (Bogensehnenphänomen) kann unter Umständen von einem erfahrenen Untersucher getastet werden oder sogar sichtbar sein.

Eine Zerrung wird meist ohne sichtbaren Bluterguss jedoch eventuell mit Schwellung und Schmerz verbunden sein.

Zusammenfassend beschreiben es Thomas Hochholzer und Volker Schöffel in ihrem Buch „So weit die Hände greifen“ ganz richtig das alle traumatischen Verletzungen der Finger die mit einer Schwellung oder sogar einem Bluterguss einhergehen, genau diagnostiziert und behandelt werden sollten! Bagatellisierungen wie „das wird schon wieder“ oder „das hatte ich auch schon mal ist nicht so schlimm“ sind fehl am Platz und sorgen im Nachhinein nur für einen langwierigeren und verzögerten Heilungsverlauf.


Klinische Vorgenhensweise


Erwartet man anhand des Verletzungshergangs eine Zerrung, Teilruptur, Ruptur oder multiple Ruptur sollte der Klinker als erstes eine Röntgenkontrolle durchführen um eine Fraktur oder einen knöchernen Ausriss des Ringbandes auszuschließen. Dies kommt selten vor, sollte jedoch nicht dem Zufall überlassen werden. Da Ringbänder selten genau in der Mitte reißen sondern eher in Nähe der Stellen an denen sie am Knochen befestigt sind, kann es hier zu den besagten Ausrissen kommen.

Kann ein Knochenbruch und knöcherne Ausrisse ausgeschlossen werden ist mit einem Unterwasser-Ultraschall die Distanz zwischen Beugesehne und Knochen zu beurteilen. Das hat den Vorteil das während der Ultraschalluntersuchung die Sehne unter Anspannung und in Echtzeit beurteilt werden kann.

Liegt diese unter 2mm geht man von einer Zerrung aus und eine symptomatische Therapie wird eingeleitet (siehe Nachbehandlung einer Ringbandverletzung).

Liegt die Distanz über 2mm geht man von einer Teilruptur, Komplettruptur eines einzelnes Ringbandes oder einer Ruptur von mehreren Ringbändern und es sollte eine MRT Aufnahme gemacht werden um das genaue Verletzungsausmaß bestimmen zu können. Das heißt, welche Ringbänder sind betroffen und in welchem Ausmaß. Bei einer Teilruptur oder der Ruptur nur eines Ringbandes wird eine konservative Behandlung eingeleitet (siehe Nachbehandlung einer einzelnen kompletten oder Teilruptur des A2 / A3 /A4 Ringbandes).

Bei multiplen Rupturen muss eventuell an eine operative Versorgung, es gibt jedoch auch einen konservativen Ansatz je nach dem zu welchem Zeitpunkt die Verletzung diagnostiziert wird. Wichtig ist dabei auch die Beurteilung im Seitenvergleich. Sollte die Distanz zum Beispiel auch bei dem nicht betroffenen Finger der anderen Hand erhöht sein muss dies berücksichtigt werden.



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